Updated : Mrz 05, 2021 in Gesellschaft

Woher kommt diese Wut?

Wir haben vier Eigenschaften, die uns das Leben schön machen, aber auch verdammt schwer:

  1. Wir wollen frei sein. Frei im Denken und im Handeln. Dass diese Freiheit eine zweite Seite hat (die heißt Verantwortung), übersehen wir gelegentlich. Das ist nicht schlimm, denn dabei hilft uns Eigenschaft Nummer 2:
  2. Wir wollen Führung haben. Im Klartext: Wir wollen die Verantwortung abgeben. Wenn immer es zu schwierig wird, rufen wir nach Führung: Erst nach Mama, dann nach dem Staat. Das ist natürlich ein Widerspruch, aber das ist nicht schlimm. Wir haben ja zum Glück Eigenschaft 3:
  3. Wir können unsere Fehler ausblenden. Das ist sehr hilfreich, schützt vor Minderwertigkeitsgefühlen und Depressionen, macht das Leben angenehm und leicht. Aber obwohl wir nun ein fast perfektes Weltbild haben, gehen immer noch so viele Dinge schief. Wer ist daran schuld? Ganz klar:
  4. Schuld sind immer die anderen. Und damit ist der geniale Kreis geschlossen.

Dummerweise sind wir trotzdem nicht glücklich. Wie auch, wenn wir uns schon ab Eigenschaft 1 anfangen selbst zu belügen? Aber je tiefer wir ins Lügengeflecht gelangen, umso schlechter können wir die Lügen zugeben, später können wir sie nicht mal mehr als Lüge erkennen. Und hier ist der Punkt, wo die Wut herkommt: Ich bin doch im Recht und alle anderen im Unrecht (ausgenommen die Handvoll Leute, auf die ich angewiesen bin). Was macht das mit mir, der ich nur noch von Feinden umzingelt bin? Leicht vorzustellen: Ich werde regelrecht verrückt vor Wut.

Aber wie komme ich da wieder raus?

Ich will da gar nicht wieder raus, weil: das tut weh! Dafür müsste ich zuerst meine Waffen, dann meine Überzeugungen über Bord werfen! Das letzte, was ich brauche, sind Belehrungen von wohlmeinenden Besserwissern, die meine Argumente zerpflücken, um mich zu bekehren.

Es würde schon helfen, ernst genommen zu werden, nicht in irgendeine Ecke gestellt oder als <Whatever>-„Leugner“ abgestempelt zu werden. Ist es nicht wichtig, die Dinge zu hinterfragen, skeptisch zu sein, die allzu Selbstsicheren herauszufordern, Dummheit beim Namen zu nennen?

Das ist der Bereich, wo wir uns treffen müssen, wo Kraft und Ausdauer gefragt sind. Da kann aus der Wut was Brauchbares werden.

Wenn wir nicht nur meckern, sondern sagen, wie es besser geht.

Wenn wir für unser Denken und Tun Verantwortung übernehmen. Und behalten.

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